Ornament im Raum 07

 

2012  Raum und/oder Ort, basement Wien
Spiegel, Karton, Gips, Graphit, ø 270 cm (h 135 cm, t 135 cm)

2014  kreis formen, A41 Galerie im Hof, Wien
Spiegel, Karton, Gips, Graphit, ø 270 cm (h 223 cm, t 135 cm)

Dr. Edith Almhofer, freie Kuratorin, Verlegerin, Wien, Linz
(Auszüge aus der Eröffnungsrede, basement Wien 2012)

Wenden wir uns vielleicht zuerst Nora Bachels Installation ORNAMENT IM RAUM 7 zu, welche das altbekannte, für alle abstrakte Kunst zentrale Wechselspiel von physischem Tatbestand und interpretierender Wahrnehmung variiert. Sie konfrontiert uns vordergründig mit geometrischen Form- und Farbelementen. Es handelt sich um 100 zylindrische, mit Spiegeln bestückte Objekte, die in zwei konzentrischen Kreisen angeordnet sind. Diese wiederum sind am Übergang von Wand und Boden in die dritte Dimension geknickt. Das Maß, die Ausdehnung und die Anordnung der in Schwarz und Weiß gehaltenen Komposition reagiert auf das vorgefundene Ambiente, in welches sie sich ganz symmetrisch, quasi als ruhiger Fluchtpunkt einfügt. Die Wahl der symbolisch aufgeladenen Kreisform, die weder Abbild, noch narrativ oder illustrativ sein soll, knüpft an die lange Tradition der Abstraktion an, die eng mit der Geschichte des Ornaments verknüpft ist.

Seit den frühen Tagen der Menschheit entwickelte sich dieses in vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den Kulturen, und dieser Prozess geht stetig weiter. Nach der groß en Krise der ornamentalen Form – ich möchte nur kurz an das berühmte Manifest ‚Ornament und Verbrechen‘ erinnern, mit dem Adolf Loos 1908 die Diktatur des Dekors – er bezeichnet darin das Ornament unter anderem als ‚vergeudete Arbeitskraft‘ – beenden und ein modernes Zeitalter einläuten wollte – erlebte das Ornament im vergangenen Jahrhundert in den verschiedenen Formen der Abstraktion eine neue Wertschätzung im künstlerischen Feld. Vermehrt sind es in jüngster Vergangenheit Künstlerinnen, die sich mit der ornamentalen Form auseinandersetzen. Das passiert häufig im Zusammenhang mit der Neubewertung traditionell weiblicher Gestaltungstechniken, wie Handarbeit, die als Techniken der künstlerischen Gestaltung rehabilitiert werden. Und eines haben die Produkte aus beiden Feldern ja unübersehbar gemein: Sie repräsentieren verdichtete Zeit. Nun ist, wie die Künstlerin anmerkt, „die Zeit, als Entstehungszeit ein wesentlicher Faktor künstlerischer Arbeit. Bei der Entstehung von Konzepten wird sie abstrakt, in ihrer Flüchtigkeit erlebt – es ist gar nicht messbar, wie viel Lebenszeit und Erfahrung die Voraussetzung für diesen Prozess sind. Das Ausführen der Arbeiten ermöglicht, Zeit zu begreifen, Strukturen und Rhythmen zu erkennen oder zu gestalten“

Sowohl die Installation als auch die Grafiken wirken dementsprechend sehr rational, alles scheint wohlüberlegt, geplant, keinesfalls spontan gesetzt. Es lässt sich auch keine individuelle künstlerische Handschrift, kein betörender Duktus ausnehmen. Die seriell anmutenden Variationen labyrinthischer Kreismotive sind mit Bic-Kugelschreiber auf Papier gearbeitet, ganz leicht und duftig in minutiöser, manueller Feinarbeit gestrichelt. Nichtsdestoweniger sind die in kleinen Details variierten Kreisformen mehrfach codiert, wobei die geometrischen Muster zu metaphorischen Kommunikationselementen werden: Die ineinander greifenden, sich überschneidenden und zueinander öffnenden Kreisformen gemahnen an Labyrinthe aber auch an Wellenbewegungen im Wasser, die in ihren Verflechtungen unendlich viele Muster bilden können und damit – selbstreferenziell – zu immer wieder neuen Assoziationen anregen.

2014, Skizze